Einführung


Die Nationalblume Estlands

ist die Kornblume. Seit Jahrhunderten haben diese himmelblauen
Blüten die Felder der Bauern geschmückt. Wegen der modernen
Landwirtschaft sieht man die Kornblumen heute aber immer seltener.

Der Nationalvogel
ist die Rauchschwalbe. Dieser hübsche Vogel hat schon immer in der
Nähe des Menschen genistet und ihm mit seinem optimistischen Ge-
zwitscher Kraft zur Bewältigung des Alltags gegeben.

Insgesamt zählt man in Estland 65 Arten von Säugetieren, darunter
auch einige Meerestiere. Besonders häufig kommen der Elch, Rotwild,
Schwarzwild, Marder, Biber, Feldhase, Fuchs und der Fischotter vor.
Zudem zählt man in den Wäldern Estlands etwa 150 Wölfe, 550 Bären
und 1000 Luchse, was für die Fläche des Landes bemerkenswert viel
ist. Außerdem sind in Estland 1500 Pflanzenarten, darunter 36 Arten
von Orchideen, registriert worden.


Estland - Reiseziel für Naturtourismus

Nach einer Broschüre der Touristeninformation www.visitestonia.com,
unterstützt von der Europäischen Union und der RAK (Eesti Riiklik Arengukava)
Texte: übersetzt aus dem Estnischen in die deutsche Sprache, A. Tõnisson

Estland - kleiner Staat in Nord-Europa, an der Ostküste der Ostsee.
Unsere Festlandsnachbarn sind Lettland und Russland und in Übersee
Finnland und Schweden. Von der Hauptstadt Tallinn ist jeder Winkel
unseres Landes nach dreistündiger Autofahrt zu erreichen, aber zum
Besuch der Inseln brauchen Sie eine Fähre oder den Flieger. Gäste
erreichen Estland meistens über den Flughafen oder den Hafen von
Tallinn. Landstraßen von internationaler Bedeutung verbinden Estland
mit Riga und St.-Petersburg. In der Hochsaison stehen den Gästen auch
mehrere kleine Häfen und regionale Flughäfen zur Verfügung.

Estland liegt in der gemäßigten Zone, also weist das Klima saisonmäßigen
Charakter auf. Es gibt die vier Jahreszeiten, wobei der Sommer natürlich
immer zu kurz scheint. Das so genannte Kurzärmelwetter herrscht mei-
stens vom Juni bis August, manchmal auch etwas früher oder später.
Schnee zum Skilaufen gibt es vom Januar bis März. Der Traum von weißen
Weihnachten wird in den letzten Jahren immer seltener zur Wahrheit.

Das überwiegende Landschaftsbild in Estland ist flach, obwohl die vielen
Wälder (mehr als die Hälfte der Fläche) oft einen weiten Blick nicht
ermöglichen. Wie auch in anderen Regionen von Nord-Europa sind auch
hier die Landschaften infolge der Eiszeit entstanden. Estland wurde
mehrmals von Gletschereis bedeckt. Die letzte Eiszeit endete vor etwa
11.000 Jahren. Moränenhügel, Sandflächen, kiesige Oser sind die typi-
schen glazialen Landschaftsformen. Das mächtigste Beispiel ist
"Suur Munamägi" (= "der Große Eiberg") im Südosten des Landes mit
seinen 318 m über dem Meeresspiegel; er ist zugleich der höchste Berg
im Baltikum. Mit Gletschereis wurden aus Finnland riesige (bis zu 8 m
hohe) Findlinge gebracht, welche heutzutage an vielen Orten zu bewundern
sind.
Der westliche Teil von Estland lag nach der Eiszeit mehrere Jahrhunderte
lang unter dem Meereswasser. Durch fortschreitende Anhebung der Erdkru-
ste gewinnt das Land immer neue Flächen dazu; am schnellsten (2 - 3 mm
pro Jahr) hebt sich der Boden im Nordwesten. Estland ist überwiegend
flach und es gibt mehr Niederschlag als Verdunstung, so gibt es viele
Seen und Moore.
Eine sehr lange und zergliederte Küstenlinie ist für Estland charakte-
ristisch. Neben den zahlreichen Buchten und Halbinseln sind auch die
rund 1.500 Inseln für Touristen interessant. Meistens handelt es sich
dabei um flache Holme und Sandrücken, nur etwa 10 größere Inseln sind
bewohnt.

Die Ostsee hat eine biologische Eigenart durch ihr Bodenprofil - das
Wasser in der Ostsee ist Brackwasser, d. h. viel süßer als im Durch-
schnitt. Das salzige, schwerere Wasser vom Ozean bleibt in den Becken
auf dem Grund des Meeres stecken. Die Küste ist überwiegend steinig,
an den Buchten gibt es auch Sandstrände und an der Nordküste hohe,
steile (bis zu 55 m) Kliffe.

Die üblichsten natürlichen Biotopformen in Estland sind die Wälder,
besonders die borealen Wälder mit Kiefern und Fichten. Fast die mei-
sten bewirtschafteten Böden sind gerodet worden. Ohne menschlichen
Eingriff würde das Land wieder bewalden. An der Küste und an den Flüs-
sen gibt es natürliche Wiesen und Auen mit wenig Bäumen. Die vielen
Moore, die durch Versumpfung des Mineralbodens und Verlandung der
Seen entstanden sind, bieten weite Ausblicke. Moore nehmen fast ein
Viertel der Fläche Estlands ein. Im Vergleich zu Europa gibt es in
Estland weniger Kulturboden - nur ein Fünftel der Fläche des Landes
wird von der Landwirtschaft und Bergbauindustrie genutzt oder liegt
unter Städten und Straßen. Die Bevölkerungsdichte, durchschnittlich
30 Menschen pro qkm, ist wesentlich geringer als in West-Europa.

Estland wird in drei Regionen eingeteilt: Nord-, Süd- und West-
Estland. Die regionale Natur und Landschaft kann man stichwörtlich
folgendermaßen charakterisieren:

Nord-Estland: Steilküste, Kalksteinplateaus, Wasserfälle und Katarakte,
Karstgebiete, erratische Blöcke, Waldmassive, Ölschiefer in Virumaa.

West-Estland: Inseln und Holme, Küstenlandschaften, weite Röhrichte,
Wacholder, Vogelzug, mehrere Naturschutzgebiete

Süd-Estland: Hügelige Landschaften, tiefe Täler, überschwemmende Flüs-
se, gelblicher Kalkstein, viele kleine Seen, traditionelle Lebensart.


Möglichkeiten zum Naturtourismus

Bewegung in der Natur:
In der Natur von Estland gibt es entweder außergewöhnlich große oder
einmalige Naturmonumente. Trotzdem kann man in den Naturschutzge-
bieten oder bei den Sehenswürdigkeiten unauflösliche Eindrücke erle-
ben; und das vor allem wegen der absoluten Ruhe in der Natur. Gäste,
die aus der Großstadt oder aus dicht bevölkerten Ländern kommen,
werden oft von der Tatsache überrascht, dass sie hier so viel unbe-
wohnten Raum, Stille und Ungestörtheit vorfinden - vor allem in der
Natur. Jedermannsrecht ermöglicht allen den leichten Zugang zur Natur.
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dürfen sich alle Menschen über-
all, außer deutlich gekennzeichneten privaten Grundstücken, bewegen.
So zum Beispiel ist der Meeresstrand zum öffentlichen Gebrauch, wie
auch die Uferlinie der größeren Flüsse und Seen.
Selbstverständlich muss man beachten, dass dem Grundstückbesitzer
keinen Schaden verursacht wird. Das Ernten von Beeren, Pilzen, Blumen,
Nüssen, Kräutern und anderen Naturgaben auf Staatsgrundbesitz ist
für alle erlaubt. Auf einem Privatgrundstück braucht man dazu die Er-
laubnis des Eigentümers. Estland ist reich an natürlichen oder natur-
nahen Landschaften.
Neben Wäldern und Mooren sind darunter besonders die Alvare hervor-
zuheben - es sind Wacholderfelder auf dem dünnen kalkigen Mutterboden -,
was sonst in Europa nur in Schweden vorkommt. Interessant sind auch die
Küsten- und Auenwiesen und die artenreichen Gehölzwiesen. Solche halb-
natürlichen Biotope sind oft ein Zuhause für mehrere seltene Tier- und
Pflanzenarten.

Fotografieren:
Fotografieren in der Natur, auch "Fotojagd" genannt, ist in den
letzten Jahren sehr beliebt geworden. Durch die Initiative von Zeit-
schriften und Vereinen werden Fotowettbewerbe durchgeführt und so die
Menschen aufgefordert, mit Kameras in die Natur zu gehen. Neben Land-
schaften und Sonnenuntergängen kommen immer mehr Lebewesen auf die
Fotos. Dafür gibt es gute Möglichkeiten, weil der Wildbestand in Est-
land ausreichend groß und die Wahrscheinlichkeit, ein Foto vom großen
Elch oder einer Rehfamilie zu knipsen, auch für Anfänger groß ist. In
den Wäldern von Estland leben etwa 40.000 Rehe, über 10.000 Wildschwei-
ne und Elche. Ein geschickter Fotograf kann auch Bär, Wolf oder Luchs,
die genauso häufig vorkommen, und im Unterschied zu Westeuropa auch
erlegt werden dürfen, fotografieren. Im Herbst bietet die Farbenpracht
viel Grund zum Fotografieren, die Farbnuancen sind glänzend und die
Stimmungen wechseln schnell.

Angeln:
Mit dem Hobbyangeln ist es in Estland leicht - mit einer Angelrute
kann jedermann frei an den öffentlichen Gewässern angeln. Zu den
öffentlichen Gewässern gehören die meisten größeren Flüsse und Seen.
Zum Angeln mit anderen Geräten braucht man einen Anglerschein.
Tatsächlich gelten gewisse Einschränkungen, was Fangweise, Regionen
und Termine betrifft - so ist es empfehlenswert, Vorbereitungen zu
treffen und sich an den regionalen Umweltdienst zu wenden, um die
Möglichkeiten zu erfahren.
Angeln auf den Binnengewässern, außer auf dem größeren Peipussee und
dem Võrtsjärv, ist keine industrielle Fischerei etabliert. An den
Flüssen und Seen angeln die Leute meistens aus reiner Lust und sport-
licher Herausforderung. Heimische Fische sind Blei, Rotauge, Hecht,
Barsch, Schleie und im Fluss Narva das Flussneunauge. Im Winter ist
Eisangeln an der Küste und an Seen sehr erlebnisvoll. Eingepackte
Männer mit kurzen Angelruten in der Hand sitzen ringsum an den Eis-
löchern.

Beim Angeln gewisser Fischarten gelten folgende Fangmindestgrößen:
  • Fisch..........................................Fangmindestgröße cm
  • __________________________________________________
  • Aal............................................................50
  • Aland.........................................................32
  • Schleie......................................................30
  • Zander.......................................................46
  • Bachforelle.................................................32
  • Hecht........................................................45

Vogelbeobachtung:
In Estland sind 340 Vogelarten, darunter 200 Standvögel, etwa 30 Arten
Durchzügler und 70 selten beobachtete Arten registriert worden. In
Estland brüten fast genauso viele Standvögel wie in den Nachbarländern.
Estland liegt an der nördlichen Grenze des Verbreitungsgebietes von
Weiß- und Schwarzstorch, Brandseeschwalbe und Blauracke. Südlicher
brüten aber keine Bergenten, Seetaucher, Trauerenten und Gryllteiste.
Der Vogelbestand ändert sich ständig - erst seit den letzten Jahrzehn-
ten brüten in Estland Singschwan, Kormoran und Weißwangengans. Die
Kleininseln, wo manchmal auf einem qkm mehr als 13.000 Brutpaare vor-
kommen, zählt man zu den artenreichsten Lebensräumen. Viele kleinere
Inseln bieten ein Zuhause für noch mehr Vögel und werden oft als Vogel-
inseln bezeichnet. Auf dem Festland sind die vogelreichsten Biotope
breitblättrige Laubwälder, Mischwälder, Röhrichte, Nadelwälder, Auen,
Moorwälder und Hochmoore.
Da Estland, besonders der westliche Teil, am Knotenpunkt des ostatlan-
tischen Flugweges der arktischen Zugvögel liegt, durchziehen das Land
jeden Frühling und Herbst viele - laut mancher Angaben etwa 50 Millionen -
See- und Watvögel. Meistens sind es Gänse, Meergänse, Schwäne, Taucher.
Erfahrene Vogelbeobachter können hier in wenigen Tagen bis zu 200 Vogel-
arten registrieren. Für die Beobachtung der Vögel sind in Estland in
den letzten Jahren mehrere Türme für die öffentliche Nutzung errichtet
worden. Die beliebtesten Vogelgebiete sind die Bucht von Matsalu und die
Insel Saaremaa. Insgesamt sind 11 estnische Vogelgebiete in die Liste
der mit Ramsar-Konvention geschützten Feuchtgebiete von internationaler
Bedeutung eingetragen. Abhängig vom Klima des jeweiligen Jahres be-
ginnt der Frühjahrszug meistens mit dem Eisgang und erreicht den Höhe-
punkt im April-Mai. Nach der ruhigen Brutzeit im Sommer beginnt Mitte
August der Herbstzug der Gänse und Kraniche und erreicht seinen Höhe-
punkt Ende September.


Fortbewegungsmöglichkeiten


Zu Fuß:
Wer zu Fuß ist, kann überall hingehen - den besten Kontakt mit Natur bekommt man sicher so. Um einen besseren Zugang zu den interessantesten Orten zu schaffen, sind für Wanderer hunderte markierte Wanderpfade eingerichtet worden. Für die meisten benötigt man 2-3 Stunden, es gibt aber auch 2-3-tägige Marschrouten. Als Markierung werden unterschiedliche Farbstreifen an den Bäumen benutzt. Die längeren Wanderpfade sind meistens mit Lagerfeuerstellen, Toiletten und Müllcontainern ausgerüstet. Ein Teil des international bekannten Küstenpfades E 9 durchquert Estland und ist auch fragmentarisch markiert. Mehrere Wanderpfade, besonders um die Städte, werden im Winter als Skilanglaufpisten benutzt. Zum Moorwandern kennt man in Estland schon seit Jahrhunderten spezielle Flechtschuhe, damit man nicht einsinkt - Anbieter solcher Dienstleistungen werden Sie schon finden!

Mit dem Segelboot:
In Estland gibt es viel weniger Jachten und Segelboote als in Nordeuropa. Segeln am Meer und auf den größeren Seen (Peipussee und der See Võrtsjärv) gewinnen aber immer mehr an Popularität. Besonders viele Segelgäste gibt es in der Bucht von Pirita bei Tallinn. Im Sommer sieht man an fast allen Inseln schöne Boote. Wegen der flachen und steinigen Küstensee kann das Anlegen manchmal kompliziert sein. Es gibt etwa 50 Häfen, die Segelboote empfangen können, die größeren sind dabei auch Fischereihäfen. Die Hälfte der Häfen hat Platz am Kai für fremde Boote und den Gästen stehen Duschen, Internet und Erste Hilfe zur Verfügung.

Mit dem Fahrrad:
Es gibt in Estland ausreichend kleinere Landstraßen, die nicht sehr stark befahren werden - diese Tatsache macht Estland zum Radfahrerparadies. Man braucht nicht zwischen Autos herumzuflitzen, es gibt ausreichend malerische Nebenstraßen. Mehrere Fahrradmarschrouten in Estland gehören zum internationalen Streckennetz "Euro-Velo". Es gibt viele Möglichkeiten, sich ein Fahrrad zu mieten. In der Bahn und auf der Fähre kann man Fahrräder kostenlos mitführen. In den Nahverkehrszügen gibt es dazu spezielle Fahrradabstellanlagen.

Mit dem Auto:
Manchmal bringen uns auch Autos der Natur näher. Im Vergleich zu West-Europa ist der Verkehr in Estland viel geringer. Landstraßen passieren unterschiedliche Landschaften und so hat der Fahrer die Möglichkeit, die Gegend zu beobachten. Anhalten und Parken ist an den Landstraßen meistens erlaubt. Es ist üblich, dass Menschen, die Pilze und Beeren sammeln, ihre Autos an Waldwegen parken, um den Verkehr nicht zu stören.

Mit dem Seekajak:
Die flachen Küstengewässer und die vielen Kleininseln bieten gute Möglichkeiten zum Wasserwandern im Sommer. Eben mit einem Seekajak kann man auf den steinigen Kleininseln gut landen, Transport und Slippen sind praktisch überall möglich.

Mit dem Kanu:
Wandern auf den natürlichen Flüssen, entlang uralter Flussufer ist schon eine gute Alternative gegenüber dem Alltagsstress. Die im Süden etwas wilderen und im Westen eher ruhigeren Flüssen sind mit dem Kanu in 3-4 Tagen passierbar. Die beliebtesten Kanu-Flüsse befinden sich in Soomaa und im Südosten. In Soomaa fließen die großen breiten Flüsse langsam durch die menschenleeren Urwälder. Dagegen gibt es im Südosten Katarakte und tiefe kerbe Flusstäler, viele alte Mühledämme und Sandsteinaufschlüsse. Man kann sich ein Kanu für einige Stunden oder mehrere Tage ausleihen. Die Saison beginnt mit dem Hochwasser im April und endet meistens im September.

Zu Pferd:
Ausritte werden abseits der großen Landstraßen, auf Inseln, in Wäldern und auf Strandwiesen angeboten. Reitwandern in Estland bedeutet mehr ein ruhiges Pilgern als ein wildes Traben. Eine Schlittenfahrt im Winter ist gleichzeitig ein Trip in die Natur und in die Vergangenheit.


Jahreskreis der Natur

Die Veränderungen in den jeweiligen Jahreszeiten bestimmen auch die Möglichkeiten zum Urlaub und den Beschäftigungen in der Natur. In den Monaten um die Wintersonnenwende gibt es nur wenige Stunden Tageslicht. Doch schon im Februar bei guten Schneeverhältnissen gibt es in der Natur viel zu tun. Der Tag ist lang genug, um ausgedehnte Skiwanderungen zu unternehmen. Im Wald lassen sich viele Spuren auf dem Schnee entdecken. Im Urwald heulen die Wölfe und es ruft der Uhu. Auf der See überwintern Scheckenten, Eis- und Meerenten und andere Wasservögel. Über dem eisfreien Wasser sammeln sich Seeadler.

Je näher der Frühling kommt, desto mehr Bewegung sieht man im Wald - im lichten Jungwald spielen im Morgengrauen Birkhuhn und Auerhahn, am Tag trommelt der Hecht auf den toten Bäumen. Beginnt der Vogelzug - eisfreies Wasser wird von den Schwänen und Gänsen aufgesucht - kommen Kraniche an. Der große Vogelzug beginnt im April. Bald schwärmen die Buchten von Entenvögeln und die Küstenwiesen von Meergänsen. Nachdem die Eisdecke im April auf den Flüssen schmilzt, beginnt die Hochwassersaison. Die Wasserfälle im Norden und die Flüsse in den Karstgebieten rauschen dann in voller Schönheit. Um diese Zeit fangen die ersten Frühlingsblumen an zu blühen, etwa einen Monat später bekommen die Laubbäume neue Blätter. Die arktischen Seevögel bleiben in Estland bis Mai. Zuerst verlassen uns Schwäne und Saatgänse, dann die anderen Vogelarten. Mitte Mai starten bei günstigem Wetter alle See- und Eisenten auf einmal und dann kann man Millionen Zugvögel beobachten. Dies sind die Gipfelmomente der Vogelbeobachter. Mit dem Mai endet der Frühjahrszug der Vögel, aber nun beginnt die erhöhte Stimmung in der Pflanzenwelt - die aktivste Blütezeit fällt in die Monate Juni und Juli. Die frühjährliche Stimmung lässt Ende Juni mit hochsommerlicher Hitze langsam nach. Es beginnt die Urlaubszeit. Zu dieser Zeit hat sich das Wasser in den Seen und flachen Buchten zum Baden aufgewärmt. Die Sonne steht hoch, die Tage sind lang und so kann man von früh bis spät draußen sein und vieles unternehmen.

Der farbenfrohe Herbst mit kühleren Temperaturen trifft meistens Ende September ein. In den Wäldern beginnt die Jagdsaison. Beeren und Pilze sind reif zum Sammeln. Nochmals beginnt der Vogelzug, diesmal umgekehrt: Wer aus dem Süden kam, zieht jetzt dorthin zurück. Zuerst verlassen uns Kraniche und Gänse und zuletzt die Schwäne.

Die Tiere in der Wildnis wechseln ihr Fell und suchen nach einem Winterquartier. Man hat noch Zeit zum Wandern in der Natur, besonders für diejenigen, die Sommerhitze und Mücken nicht mögen.


Regeln des Naturtourismus

Für allgemeine touristische Informationen sind in Estland 18 regionalen Touristik-Informations-zentren zuständig. Außer diesen Zentren werden touristische Auskünfte auch in vielen Gemeinden, Infostellen, Museen und Besucherzentralen der Naturschutzgebiete erteilt. Selbstverständlich können auch Hotels, Ferienhöfe, Schulen und Bibliotheken einem Fremden Auskunft über die Örtlichkeiten geben.

Der Großteil der Anbieter für Naturtourismus gehört zur Mitgliedschaft des Estnichen Land- tourismusvereins mit seinen insgesamt etwa 300 Unternehmen. Für etwas spezifischere Tätigkeiten ist der Verein des Ökotourismus Estland mit 12 Mitgliedsunternehmen zuständig. RMK - übersetzt als Management der staatlichen Wälder - beschäftigt sich nebenbei auch mit der Anlage und Verwaltung der Wanderpfade und Waldhütten. Die markierten Wanderpfade in landschaftlich schönen, großen staatlichen Wäldern sind zur öffentlichen Nutzung geschaffen worden. Wer Lust hat, in einem Naturprojekt mitzumachen oder für die Natur etwas zu arbeiten, kann als Freiwilliger in den Einsatzlagern von ELF (Estonian Fund for Nature) teilnehmen.

Beim Vorstellen der Natur wird eine große Arbeit durch die Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete, besonders aber durch die Nationalparks Lahemaa, Soomaa, Karula, Vilsandi und Matsalu geleistet. Im Allgemeinen sind die Naturschutzgebiete zum Schutz der Arten und Lebensräume gegründet, und nicht auf Besucher orientiert. So beschäftigen sich die Naturschutzgebiete nicht unbedingt mit der Unterkunft und der Verpflegung von Gästen, sondern arbeiten mit Anbietern solcher Dienstleistungen zusammen. Touristische Attraktionen aber, seien es Exkursionen, Vortäge oder Ausstellungen, sind in den Besucherzentren der Naturschutzgebiete sehr wohl im Angebot.

Museen, in denen die ortseigene Heimatkunde zusammen mit Sehenswürdigkeiten der Natur vorgestellt wird, gibt es in Estland Hunderte. Meistens handelt es sich dabei um kleine, saisonmäßig arbeitende Einrichtungen. Außerhalb der Städte gibt es mehrere Naturmuseen: Das Museum für Kalkstein in Porkuni, das Museum für den See Võrtsjärv, das Museum von Peipussee in Mustvee u. a.

Auskunft über die Sehenswürdigkeiten erhält man in Estland rund um die Uhr unter der kostenpflichtigen Telefonnummer (17121 + Objektnummer). Bei Anruf hören die Kunden eine kurze, englischsprachige Beschreibung über das gewünschte Naturobjekt. Nummerierte Objekte finden Sie im Wegeatlas und in vielen Broschüren vor.


Naturnahes Leben der Bewohner

Von dem Naturglauben der vorzeitlichen Esten ist nicht viel erhalten geblieben. Jedoch ist das Interesse an den ehemaligen heiligen Orten größer als je zuvor. Rund 400 vermutlich heilige Orte stehen in Estland unter Natur- oder Denkmalschutz, darunter etwa 140 heilige Bäume (Eichen, Kiefern, Linden). Außer Bäumen wurden in den Vorzeiten auch Quellen, Flüsse, Seen, Berge und Steine als heilig gehalten. Der damalige Glaube hat jegliche Beschädigung dieser Objekte streng untersagt. So sind sie zu Sakralbauten der Natur geworden. Einige Bräuche der vorzeitlichen Esten werden bis heute gepflegt. Dabei ist die lebenskräftige Tradition ohne Zweifel das Johannisfeuer zur sommerlichen Sonnenwende.

Traditionelles und naturnahes Leben wird meistens in den Peripherien gepflegt, vor allem auf der Insel Kihnu und in Setumaa. Die vom Festland 12 Kilometer entfernt liegende Insel Kihnu ist unter den Seeinseln in Estland einzigartig. Im Alltag der Inselbewohner, in den Bräuchen und in ihrer Kleidung gibt es so viele Details aus der Vergangenheit, dass die ganze Insel wie ein ethnographisches Museum scheint. Wieso hier und nicht woanders? Es gibt viele Gründe: Die Bevölkerung auf der Insel ist ausreichend groß (früher bis zu 1300 Menschen) und sehr alt. Während der letzten Kriege und der Kollektivierung haben die Inselbewohner zwar gelitten, aber ihr traditionelles Leben wurde weitergeführt und die "Vorteile" der Zivilisation eroberten die Insel mit Verspätung. Mit den Nachteilen der Freiheit muss man auf der Insel heute kämpfen, damit die Eigenart geschützt wird. Dieser Bedarf wird international auf höchstem Niveau unterstützt: Seit 2003 gehört der Kulturraum von Kihnu zum Welterbe der UNESCO. Kihnu ist gerade groß genug, um Fahrrad zu fahren. Man braucht keine Angst zu haben, sich zu verlaufen. Überall gelangt man bald ans Meer. Auf der Insel gibt es vier Dörfer mit insgesamt 600 Insulanern.

Im Südosten des Landes befindet sich das historische Setumaa, ein ethnographisch sehr interessantes Gebiet, welches stark durch estnische und russische Kultur beeinflusst wird. Setus stammen von den Esten, haben aber im Laufe von vielen Jahrhunderten im engen Kotakt zu Russland gelebt. Das Gebiet Setumaa gehörte seit dem 14. Jahrhundert zu Russland. Setus sind Orthodoxe und eindeutige russische Einflüsse erkennt man sowohl in der Sprache als auch in den Bräuchen und ebenfalls in der Baukunst. Zwischen 1920 und 1944 gehörte Petserimaa als Landkreis zur Estnischen Republik. Heute leben die Setus getrennt in zwei selbstständigen Staaten. Setumaa ist landschaftlich sehr schön. Überwiegend wachsen hier die dürren Kieferwälder und erstrecken sich über weite Hügellandschaften. Es gibt viele tiefe Kerbtäler, die meistens in den wichtigsten Fluss in Setumaa, den Piusa, münden. Die offenen Landschaften ermöglichen weite Ausblicke.

Bei vielen Ereignissen, die veranstaltet werden, legt man hohen Wert auf die Naturfreundlichkeit. So werden beispielsweise in Soomaa die Kurse für Herstellung vom "Haabja", dem Boot aus einem Baumstamm, traditionelles Angeln in Viitina und Holztage in Varbola durchgeführt. In den letzten Jahren ist das Festspiel der Naturfilme im Nationalpark Matsalu sehr populär geworden. Um die Verbundenheit unserer Vorahnen mit der Natur zu spüren, besuchen Esten gerne den Geburtsort des beliebten estnischen Schriftstellers Anton Hansen Tammsaare (1878-1940) in Tammsaare in Mittelestland. Vargamäe hat die wichtigsten Leitmotive seines Romans "Wargamäe" inspiriert - das Leben von mehreren Generationen, das Streben nach besserem Leben im Waldbauernhof und den ununterbrochenen Kampf mit Wasser, Steinen und vor allem mit sich selbst.