Süd-Estland

Sehenswürdigkeiten in Süd-Estland


Soomaa

Soomaa (Land der Moore) wird, seitdem die hiesigen Moore und fluss-
reichen Moorwälder 1993 zu einem Nationalpark vereinigt wurden, immer
beliebter. Diese Popularität spiegelt sich in den vielen Kanuwanderungen, welche hier angeboten werden, wider. Der neue Trend hat bewirkt, dass sich an manchen Tagen auf den Flüssen des Nationalparks hunderte Kanus bewegen. Aber es ist ausreichend Platz. Warum gerade Soomaa? Hier können die Gäste die mächtigsten Inlandsüberschwemmungen Estlands miterleben und die Stille und Ruhe der riesigen Urwälder genießen. Mehrere kleinere Flüsse gehören zum Einzugsgebiet des großen Pärnu-Flusses. Aufgrund dieser Tatsache lassen sich ausgezeichnet Kanuwanderungen organisieren. Man hat die Auswahl zwischen 1- bis 2-stündigen bis hin zu 4- bis 5-tägigen Wanderungen. In Soomaa gibt es ein dünnes Wegenetz, außerdem sind die Wege oft schlammig und unbefahrbar. Deshalb werden die Kanus schon seit langem als Transportmittel gebraucht. Es gibt einen Spruch, der besagt, dass es in Soomaa fünf Jahreszeiten gibt: Den Frühling, den Sommer, den Herbst, den Winter und das Hochwasser. Das Wasser kann in den Flüssen bis zu 5 m über dem Normalstand ansteigen. In den flachen Gebieten treten die Flüsse über die Ufer und überfluten weite Wälder. Der Überschwemmungsrekord liegt bei 150 qkm - so groß war die überflutete Fläche von Moor und Wald, die einen Meter unter Wasser lag. Im Besucherzentrum des Nationalparks wird den Gästen ein Filmprogramm über Soomaa vorgeführt. Es gibt eine Sauna, Kinderspielplätze und Übernachtungsmöglichkeiten. Mehrere Wandermarschrouten sind ebenfalls angelegt worden. Ein spezieller Lehrpfad führt zu den Lebensorten und Spuren der Biber.


Karula
Der Nationalpark Karula befindet sich abseits der großen Landstraßen, an der Grenze zwischen den Landkreisen Võru und Valga. Von außen etwas bescheiden, aber trotzdem ein gewisses Sammelbild der Vorzeiten Estlands. Das übliche Touristikgeschäft blüht hier nicht gerade grandios, die Menschen führen ein alltägliches und traditionelles Leben. Eine Aufgabe des Nationalparks ist es, den Menschen Bedingungen zur traditionellen Lebensart, Bauern- und Forstarbeit zu schaffen, so wie es in den vergangenen Jahrhunderten Art und Weise war. Gäste werden in Karula jedoch erwartet. Hier werden Naturwanderungen, die mit vielen ortseigenen Legenden verbunden sind, Bauernkost und volksmedizinische Heilkuren angeboten. Die Besucherzentrale in Ähijärve sieht zwar sehr modern aus, aber die Rauchsauna nebenan erinnert uns an die richtigen Werte in Karula: An die Möglichkeit, in die Vergangenheit einzutauchen und zu träumen.


Rõuge

Rõuge liegt am nordwestlichen Rand des Höhenzuges Haanja. Hier erstreckt sich eine malerische Landschaft mit dem tiefen und bis zu 10 km langen Urstromtal Rõuge. Die ins Grundgebirge eingeschnittene Talsohle ist größtenteils mit glazialen Ablagerungen gefüllt, die relative Tiefe reicht bis zu 65 m. Die sieben Seen von Rõuge sind am Ende der Eiszeit durch das vom Höhenzug geschmolzene Gletschereis unter den Moränenschichten entstanden. Der größte See, der See Suurjärv, ist gleichzeitig auch der tiefste See Estlands (38 m). Auf dem Hügel zwischen dem See Liinjärv und dem Tal Ööbikuoru liegt eine vorzeitliche Siedlungsstätte. Vermutlich im
8. Jahrhundert hatte man hier eine Burg errichtet. Am See Suurjärv befindet sich die Touristikzentrale von Rõuge, wo man sich über alles erkundigen kann. Hier ist der Ausgangspunkt vieler Fuß- und Radwanderungen.


Haanja

Oft werden im flachen Westestland auch die nur einige Meter hohen Erhebungen als Berge bezeichnet. Diesen Vergleich braucht Estlands Südosten nicht zu scheuen! Die Spitze des Höhenzuges Haanja bildet der Suur Munamägi (der Große Eiberg - 318 m über dem Meeresspiegel) und das Panorama von dort müsste alle Esten vor Stolz platzen lassen! Am höchsten Gipfel des Baltikums erblickt man bei klarem Wetter sogar die Türme der 70 km entfernten Stadt Tartu. Der Große Eiberg ist ein beliebter Ausflugsort für Schulklassen. Frisch Vermählte und die nostalgischen Senioren klettern ebenfalls gerne zum Gipfel. Wegen der ständig um den Aussichtsturm wachsenden uralten Fichten wurde der Turm mehrmals höher gebaut. Die Landschaften, die hier zu sehen sind, bewalden immer mehr. Der buchtenreiche See Vaskna, der See Tuulijärv und die Stadt Võru sind gut zu sehen. Am Turm hängt eine Gedenktafel für den ersten estnischen Bergsteiger Alar Sikk. Dem in Võru heimischen Mann gelang es 2003, den Mount Everest zu besteigen. Der Gipfel des Mount Everest ist gar nicht viel höher als der Gipfel vom Großen Eiberg: Nur ca. 30 mal so viel! Also sollte jeder auf den Turm steigen, wenn nicht über die Treppen, dann eben mit dem Lift. Nördlich vom Turm erhebt sich der zweitgrößte Gipfel Vällamägi, mit 304 m Seehöhe und 88 m Absoluthöhe. Hier gibt es zwar keinen Aussichtsturm, aber ein markierter Lehrpfad hilft beim Kennenlernen der Natur.


Taevaskoja

Die Sandsteinaufschlüsse am Fluss Ahja und in dem Urstromtal wurden in den 30iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach dem Bau der Eisenbahnlinie entdeckt. Die berühmtesten Felsen sind der 24 m hohe Suur Taevaskoda und der Väike Taevaskoda mit der Jungfrauhöhle und Mutterquelle. Mit diesen Felsen sind viele Geschichten verbunden, in denen viele Figuren mitspielen: Kriegsflüchtlinge, gefesselte Jungfrauen, der Teufel und selbstverständlich auch die unterirdischen Paläste und geheimen Gänge. In den Vorzeiten fanden auf dem Platz von Suur Taevaskoda die Versammlungen und Feste der Ortsbewohner statt. Heute steht das ganze Urstromtal unter Naturschutz. Der einst als beliebter Fangort der Angler gehandelte Saesaare - Katarakt wurde mit der Errichtung des Wasserkraftwerkes 1952 zum malerischen See aufgestaut. Auf dem See fährt das romantische Flussschiff "Lonny". Das kleine Schiff macht kurze Kreuzfahrten etwa einen Kilometer stromaufwärts, wobei man vieles sehen kann.


Der Peipussee

Nach seiner Größe unter den europäischen Seen nimmt der Peipussee den fünften Platz ein und liegt an der Grenze zu Russland. In den See münden mehrere Flüsse, aber nur einer hat hier seinen Anfang: Der Narva-Fluss. Der Peipussee ist riesengroß und hat seine eigene Strömung, eigene Wellen und spezifische Fischarten (Stint, Zwergmaräne, Zander). Die Eisdecke spielt manchmal Streiche: Ab und zu häufen sich am Strand mächtige, haushohe Eisblöcke, die bis zum Sommeranfang endgültig schmelzen. Jährliche Lotterien spielen die Fischer - von den Rettungsaktionen im Treibeis könnte man einen Actionfilm drehen. Die Fischer sind dabei nicht besonders lernbegierig. So wie es den Fisch zum Laichplatz zieht, folgen auch die Fischer blind ihren Instinkten. Die abwechslungsreiche Küstenlinie des Sees ist auf estnischer Seite 175 km lang. Das nördliche Ufer ist bis zum Fluss Rannapungerja schön sandig. Parallel mit dem Strand ziehen sich Dünenketten; die älteren sind mehrere Kilometer vom See entfernt, die jüngeren sind noch in der Bildungsphase. Die Nordküste befindet sich im ständigen Wandel. Wind und Wellen zermürben die Küstenfelsen, versperren die Flussmündungen und schieben den Sand zu hohen Dünen. Am Peipussee kennt man die Erscheinung der "singenden Dünen". Dieses Naturphänomen entsteht bei gewisser Windrichtung und Schwingung der Sandkörner, wobei ein einzigartiges Summen entsteht. Die Ursache liegt in den Sandkörnern. Sie müssen glatter geschliffen sein als bei gewöhnlichem Sand. In Europa kommt der "Singende Sand" außer an den nordestnischen Stränden nur noch in Irland vor. Die Westküste ist überwiegend flach und es gibt nur wenige sandige Abschnitte. Bei Kallaste hat der See ein 11 m hohes Kliff ins Ufer gebrochen. An der Embach-Mündung erstreckt sich ein weites Moorgebiet.


Das Urstromtal Piusa

Der Fluss Piusa ist in mancher Hinsicht interessant. Mit dem größten Höhenunterschied in Estland ähnelt er in manchen Abschnitten einem echten Gebirgsfluss. Dagegen ist der Strom im Unterlauf sehr träge - schlängelnd fließt er Richtung Osten und Bootsfahrer kommen in einer Stunde nur wenige hundert Meter voran. Die Eigenart von Piusa bilden die devonischen Sandsteinaufschlüsse im Uferabschnitt zwischen Vastseliina und Tamme. Die Einheimischen rufen diese Sandsteinfelsen zu Mauern und es gibt insgesamt 12 davon. Die Mauern geben dem Urstromtal eine Geschichte, die bis in die Ewigkeit reicht. Das Alter der gelblich-weißen Felswände beträgt 400 Millionen Jahre bzw. es reicht in die Zeiten, als die Fläche von Estland noch unter dem flachen Küstenmeer lag. In der englischen Sprache bezeichnet man die devonischen, überwiegend rötlichen Ablagerungen mit dem Namen "Old Red". In Piusa weisen die Schichten zusätzlich auch weiße und gelbliche Farbtönungen auf, mehr Ausdruck verleihen die auf dem Felsen wachsenden Flechten. Die mächtigste Aufschlussmauer - Suur Härma - erhöht sich bis zu 43 m senkrecht über dem Fluss. Der Strom hält die Mauer immer frisch, nur der abbröckelnde Sand und die Baumstämme werden vom Wasser weggetragen.