West-Estland

Sehenswürdigkeiten in West-Estland


Der See Kaali


Der von Kuressaare etwa 20 km entfernte und durch einen Meteoriteneinschlag entstandene See Kaali zählt mit den benachbarten kleineren Kratern zu den weltberühmten Sehenswürdigkeiten auf der Ostseeinsel Saaremaa. Insgesamt gibt es auf der Erde rund 200 Einschlagkrater bzw. Kratergruppen; in Estland liegen davon stolze 6! Zugegeben, einige von ihnen liegen tief am Grund des Meeres oder im Erdboden und sind nicht zu erkennen, werden aber großspurig beschrieben. Der Durchschnitt des Hauptkraters beträgt 110 m und seine Tiefe 16 m. Auf dem Grund liegt ein See. Durch die Explosion hat sich dem ausgesprengten Boden ein 3-7 m hoher Wall gebildet und umgibt den Krater. Dabei enthüllen sich Kalksteinschichten, die infolge der Explosion vertikal aufgetürmt wurden. In der Nähe befinden sich noch 8 kleinere und trockene Krater. Über das Alter der Einschlagkrater, welches zwischen 3.000 und 7.000 Jahren liegt, hat man jahrelang diskutiert. Der Schriftsteller und ehemalige Präsident der estnischen Republik, Lennart Meri, hat eine ganz eigene Theorie über den Einfluss des Meteoriteneinschlags in Kaali auf die Entwicklung des Selbstbewusstseins der Inselbewohner und der nördlichen Völker entworfen. Der riesige abstürzende Feuerball und die Explosion könnten schon die Einbildungskräfte der sonst ruhigen Nordländer angeregt haben!


Die Steilküste von Saaremaa

Die 30 Kliffe der Ostseeinsel Saaremaa bilden einen Teil der sogenannten west- estnischen Kalksteinküste, welche auf dem Festland beginnt, entlang der Nordküste von Saaremaa verläuft und sich in Übersee als Kliff auf der schwedischen Inseln Gotland fortsetzt. Die steilen Küstenabschnitte werden von flacheren Stränden abgelöst. So ist die Küstenlinie von Saaremaa stark zerklüftet und besteht aus mehreren unterschiedlichen Abstufungen. Das Kliff von Mustjala ist darunter das höchste: 21 m hoch und 2,5 km lang. Bei Stürmen wird der Felsen von Wellen angegriffen, sonst kann man das Kliff auch am Fuße besichtigen. Vor der Küste im Meer erstreckt sich eine unterseeische Abstufung. Die zweitbekannteste Steilküste, das Kliff Üügu auf der Insel Muhu (Länge: 300 m, Höhe: 7 m), befindet sich etwas abseits vom Meer, jedoch sind die Spuren der Erosion in den Höhlen zu erkennen. Heute sieht das mit Wacholdern bewachsene Kliff wie eine Felsenküste am Mittelmeer aus.


Der Nationalpark Vilsandi

Die Geschichte des Nationalparks reicht bis ins Jahr 1910, als das Gebiet zum Vaika Vogelreservat, als erstes Naturschutzgebiet in Estland gegründet wurde. Initiatoren waren der Leuchtturmwärter Artur Toom und der Rigaer Naturforscherverein. Zum Nationalpark wurde Vilsandi 1993 erklärt. Über 250 Vogelarten sind hier Brutvögel, der häufigste Vogel ist die Eiderente. Gänsesäger, Bergente,, Floridaente und Seemöwe zählen in Vilsandi zu Standvögeln. Es sind fast 520 Pflanzenarten registriert worden, was fast ein Drittel aller Pflanzenarten in Estland ausmacht. Allein auf der Kleininsel Nootamaa wachsen 132 Pflanzenarten. Zum Nationalpark gehören die Insel Vilsandi, die umliegende See mit über 160 kleinen und größeren Inseln, Riffe und ein Landstreifen der Insel Saaremaa. Vom Leuchtturm Vilsandi (erbaut 1809) bietet sich eine faszinierende Aussicht auf die Holme und die hohe See. Die Hauptinsel Vilsandi (9 qkm) besteht aus zwei Teilen, die bei hohem Wasserstand voneinander getrennt sind. Zwischen den Inselteilen liegt das estnische Mittelmeer. Durch fortschreitende Anhebung der Erdkruste wächst die Insel ständig und wird von den weitläufigen Überschwemmungen nicht bedroht. Die Westküste von Vilsandi ist felsig und besteht aus über 400 Millionen Jahre alten Seeriffen. Auf der Insel lebt ganzjährig nur ein Mensch, während der Urlaubszeit sind es allerdings mehrere Einwohner. Verbindungen zum Festland bestehen mit dem Boot oder - bei niedrigem Wasserstand - mit dem Lastkraftwagen.


Das Naturschutzgebiet Viidumäe

Die Insel Saaremaa mit ihrem milden Meeresklima und vielfältigen Böden verfügt über eine sehr artenreiche Vegetation. Rund 80 % aller in Estland vorkommenden Pflanzen- arten wachsen auch auf Saaremaa. Insgesamt sind hier über 900 höhere Pflanzenarten registriert worden. Etwa 120 Pflanzen stehen unter Naturschutz. Die wohl bekannteste Seltenheit ist der endemische Klappertopf (Rhinanthus osiliensis), eine kleine Pflanze, die nur in Saaremaa, sehr zahlreich im Quellmoor Viidumäe vorkommt. Es gibt viele seltene und schöne Orchideen, insgesamt 35 Arten. Von den interessanten Bäumen in Saaremaa ist die immergrüne Eibe hervorzuheben. In unserer Klimazone sind diese Bäume Relikte der früheren, wärmeren Klimaperiode. Viele Eiben gibt es auf den Halbinseln Tagamõisa und Sõrvesäär. Diese sonst mittelgroßen Bäume wachsen hier bis zu 10 m hoch. Unter den botanischen Schutzgebieten ist Viidumäe das wohl bekannteste.
Das Gebiet nimmt den Großteil des Höhenzuges West-Saaremaa, vor allem den westlichen steilen Hang, Gehölzwiesen und Quellmoore ein. Vom hiesigen Aussichtsturm Raunamäe (54 m über dem Meeresspiegel) kann man über die Wälder die Westküste blicken. Die relative Höhe in Viidumäe reicht bis zu 35 m und im sonst flachen Saaremaa ist es einer der wenigen Orte, wo man das Fahrrad tragen muss. In der Schutzgebietszentrale in Audaku ist während des Sommers ein botanisches Museum geöffnet.


Die Ostseeinsel Hiiumaa (Dagö)

Die zweitgrößte Insel Estlands liegt noch weiter in hoher See als Saaremaa. Die Insel liegt 22 km vom Festland entfernt und die Überfahrt dauert fast anderhalb Stunden. Bei schlechtem Wetter kann es noch länger dauern. Auf der Insel leben etwa 12.000 Menschen, die, falls sie "in die Stadt" fahren, dann Tallinn und nicht das Landkreiszentrum Kärdla meinen. Die Strände der Insel sind überwiegend flach und werden nur langsam tiefer. An der Küste gibt es viele Eilande. Vom Aussichtsturm Orjaku in Kassan, wohin ein markierter Wanderweg führt, erstreckt sich ein weiter Ausblick auf die verschilfte, vogelreiche Bucht von Käina. Im Südteil von Kassari verwandelt sich eine Halbinsel zur 1,5 km langen, schmalen Landzunge, die durch launenhafte Wellen ständig neue Formen annimmt. Wer sich den Weg vorgenommen hat, erreicht meistens auch die Spitze - trotz ständigen Windes und der Tatsache, dass es hier nichts außer Steinen gibt. Die westliche Halbinsel Kõpu liegt am ältesten Teil der Insel - der Leuchtturmhügel (68 m) hob sich als Insel etwa vor 10.000 Jahren aus dem Meer. Damals lag das Festland von der Insel rund 80 km entfernt und Kõpu stand Jahrhunderte lang allein in der hohen See. Die unterschiedlichsten Küstenformationen und Dünenlandschaften stellen uns alle Entwicklungsstufen der Ostsee vor. Durch die Hügellandschaft von Kõpu führt der 1,5 km lange markierte Lehrpfad Rebastemäe. Von der Aussichtsplattform des Leuchtturmes genießt man einen weiten Ausblick auf die waldreiche Halbinsel und das Meer.


Das Vogelreich Matsalu

Matsalu ist vor allem als Paradies der Vögel bekannt. Im Mündungsgebiet des Kasari-Flusses und in der flachen und schlammigen Bucht von Matsalu bieten die Heideflächen, Röhrichte, Auen und Inselchen ausgezeichnete Lebensräume für viele Vögel. Gewisse Einschränkungen zum Schutz der Vögel wurden hier schon vor dem Krieg etabliert. Die Gründung des Schutzgebietes erfolgte 1957. Auf dem Gutshof Penijõe befinden sich das Verwaltungsgebäude des Naturparks und ein Museum. Man erhält hier einen ausreichenden Überblick über die Natur des Gebietes, vor allem natürlich über die Vogelwelt. Die Schilfwälder, Küstenwiesen und Eilande in Matsalu sind wichtige Rastplätze der Vögel während des Vogelzuges auf dem Weg in die Tundragebiete am Weißen Meer. Etwa 280 Vogelarten sind hier beobachtet worden. Jährlich durchziehen Matsalu hundertetausend Zugvögel, darunter zahlreiche Schwäne, Gänse, Weißwangengänse und Enten. Das Schutzgebiet hat sich der Forschung und in den letzten Jahren der Erhaltung von Rast- und Nistplätzen der Vögel gewidmet. Immer mehr Weideflächen müssen von Gestrüpp befreit werden. Viehhaltung durch Kühe, Schafe oder auch Pferde wird auf den Heideflächen von der Naturparkverwaltung auf jede Weise unterstützt. Gäste werden in Matsalu vom Herzen erwartet. 5 Wanderpfade mit Längen zwischen 1,6 und 8 km stehen den Vogelfreunden zur Verfügung. Wanderpfade und Beobachtungstürme (insgesamt 6) sind zur öffentlichen und freien Benutzung, nur der Turm Jugasaare ist im Privatbesitz und gebührenpflichtig. An den Türmen Haeska, Penijõe und Suitsu gibt es Picknickanlagen. Nach Voranmeldung werden Bootstouren in den Schilfwäldern und auf der Bucht angeboten.


Luitemaa

Die von Pärnu nach Riga führende Landstraße durchquert bei Häädemeeste die wohl mächtigste Dünenlandschaft von Estland. Die Höhe der Dünen beträgt etwa 20 m vom Fuß und 34 m vom Meeresspiegel. Auf der Spitze befindet sich noch eine 18 m hohe Aus- sichtsplattform. Die Dünenlandschaft an der Rigaer Bucht ist vor 5000-8000 Jahren entstanden. Später ist aus dem Meer auch die westliche Strandwiese gewachsen. Seit Jahrhunderten wurden die sandigen Böden als Weideland und Felder genutzt. Als Stolz des bis zu 10.000 Hektar großen Naturschutzgebietes Luitemaa sind eben die seltenen Weideflächen, von denen 700 ha auch heute noch bewirtschaftet werden. In den letzten Jahren wurde viel für die Erhaltung der Natur geleistet: In die ehemalige Sandgrube wurde ein Laichplatz für die seltene Kreuzkröte, auf den Sanddünen ein Lebensraum für die Zauneidechse angelegt. Anstelle der vorzeitlichen Küstenlinie liegt - zwi- schen zwei Dünenketten - das aus Lagunen entstandene Hochmoor Tolkuse. Im Dorf Rannametsa in der Nähe des Parkplatzes, liegt der im 19. Jh. mit Hand ausgehobene Graben Timmikanal. Hier kann man einen Blick auf den Querschnitt der inneren Schichten von Dünen- und Moorlandschaft werfen.